Tuifly: Streik oder nicht Streik, das ist hier die Frage...

... oder wie ich in Teneriffa gestrandet bin

Bereits der deutsche Dichter Matthias Claudius wusste vor mehr als 200 Jahren: "Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen." Tuifly gab es damals noch nicht. Condor auch nicht. Und auch nicht Gulf Air. 

Was diese drei Fluglinien miteinander gemeinsam haben? Ich habe mir bis zum Dienstag keine Gedanken darüber gemacht, bis es Mal wieder passiert ist. Ich bin am Flughafen gestrandet. Zum nun dritten Mal. 

Gulf Air: Flugzeug überbucht

Das erste Mal ist es mir irgendwann vor der Jahrtausendwende mit meinen Eltern passiert. Wir hatten einen schönen Urlaub in Abu Dhabi verbracht und wollten wieder nach Hause. Doch am Flughafen angekommen, hätten wir zu dritt nur noch einen Sitzplatz bekommen - den dafür in der Business Class. Das Flugzeug der von uns gebuchten Gulf-Air-Maschine war restlos überbucht.

 

Mein Vater wollte meine Mutter und mich nicht allein in den Vereinigten Arabischen Emiraten zurück lassen und ein anderer Passagier hinter uns in der Reihe hat den Platz bekommen. Wir sind gemeinsam mit einigen anderen Reisenden in ein Hotel gebracht worden. 5 Sterne, Pferde, Golfplatz, eigener Strand. So macht das Stranden noch Spaß. Auch wenn uns langsam die Wäsche ausgeht, ich eigentlich in die Schule und mein Vater wieder arbeiten müsste. Als Selbstständiger ein erheblicher finanzieller Verlust für ihn.

Am nächsten Tag wurden wir wieder abgeholt und zum Flughafen gebracht. Doch dort: das gleiche Spiel. Der Flieger war ebenfalls überbucht. Neue Reisende gesellten sich zu uns. Wir wurden wieder in das gleiche Hotel gebracht. Neuer Tag neues Glück dachten wir uns. Doch auch am nächsten Tag: erneut das gleiche Spiel. Wir wurden wieder gestrandete Urlauber. Und langsam wirklich unruhig. 

Einige der mit uns Gestrandeten hatten ihren Urlaub in Abu Dhabi über Tui gebucht. Wir hatten alles selbst organisiert - und uns zum ersten Mal darüber geärgert. Denn dadurch hatten wir keinen Ansprechpartner, der uns weiterhelfen konnte.

 

Tui hatte sich aber netterweise für alle Gestrandeten eingesetzt und bald gab es endlich eine Lösung für uns: Wir Stehengelassenen bekamen eine eigene Maschine! Die brachte uns - wir waren mittlerweile etwa 50 Leute - nach Bachrain. Dort umsteigen in einen KLM-Flieger nach Amsterdam. Dann in Amsterdam sechs Stunden Aufenthalt bevor wir mit einer weiteren KLM-Maschine nach Deutschland gebracht wurden. Welch eine Odyssee - aber wir waren endlich zu Hause. 

 

Die Entschädigung, die uns angeboten wurde: Falls wir noch einmal Gulf Air fliegen - was nach diesem Chaos nun wirklich keine Option für uns war - dürfen wir Business statt Economy fliegen. Für den Verdienstausfall meines Vaters gab es nichts. Tui hatte zu diesem Zeitpunkt bei uns trotzdem einen Stein im Brett. Für mich bis zum Vorfall am Dienstag... 

Condor: Maschine wegen technischer Mängel gesperrt

Das zweite Mal ist es 2008 passiert. Mein heutiger Mann und ich haben uns nach dem erfolgreichen Abschluss unseres Studiums eine USA-Reise gegönnt. Las Vegas, San Diego, Los Angeles, Las Vegas. 2,5 Wochen USA. Gebucht haben wir unsere Flüge mit Condor. Für mich damals eine gute Fluggesellschaft. Bis dato kannte ich sie noch als Lufthansa-Tochter von früher. Als Freunde einer Freundin uns in San Diego verspottet haben, mit Condor zu fliegen, war ich etwas irritiert. Vor allem als diese uns sagten, sie würden selbst Air India bevorzugen und wir sollten nicht sicher sein, auch nach hause zu kommen. 

Mit letzterem sollten sie dann auch Recht bekommen. Als wir am Abreisetag pünktlich am Flughafen angekommen sind, kam uns schon ein deutsches Pärchen entgegen: "Fliegt ihr auch Condor?", war die Frage, die ich mit "Ja", beantwortete. "Dann wird das heute nichts." Mehrere Maschinen einer Baureihe von Condor waren wegen Sicherheitsmängeln am Triebwerk einer Maschine - wie sich später herausstellte: unserer Flugzeug - gesperrt worden. Wir sollten in ein Hotel gebracht werden: Das Riveria Hotel am Strip. Ein Hotel, das ich bei meinen Recherchen für unter 20 Euro im Internet gesehen hatte. Eines der alten und schlechtesten Hotels in ganz Las Vegas. Ich legte mich also mit dem Flughafenmitarbeiter an. Weigerte mich, in diesem Hotel abzusteigen. Er bot mir ein Motel an. Hätte ich gern genommen, doch dann hätte ich den Transfer selbst organisieren müssen. Meinem Mann war das zu unsichere. Weitere Änderungen hätten wir wohl auch nicht mitbekommen. Also willigten wir doch ein, in das Riveria Hotel zu gehen. Ein Fehler. 

schlechtes Hotel

Schon im Eingangsbereich roch es mehr als unangenehm nach kaltem Rauch. Im Flur vor unserem Zimmer roch es penetrant nach Teppichkleber. Im Zimmer leider auch. Und wer schon einmal in Las Vegas war, weiß, dass sich Fenster dort nicht öffnen lassen.  

Wir versuchten das Beste aus der Misere zu machen und haben uns noch ein wenig den unteren Teil des berühmten Las Vegas Strip angeschaut, bevor wir im Hotel ein Essen erhalten haben, das ganz in Ordnung war. Das Frühstück am nächsten Tag endete dafür im Chaos. An ein hineinkommen in den Frühstücksraum war nicht zu denken und so starteten wir ohne Frühstück zurück mit dem Transferbus zum Flughafen. Dieses Mal ging alles gut. Wir landeten sogar etwas zu früh am Flughafen und sind gut nach Hause gekommen. Eine Entschädigung gab es nicht. Gesetzte wie heute aber auch nicht. Und der Sitz von Condor war zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr in Deutschland. 

Tuifly: schon die Hinreise ist turbulent

Nun ist es also am Dienstag (4. Oktober 2016) wieder passiert. Wir hatten eine wundervolle Woche auf meiner Lieblingsinsel Teneriffa verbracht. Ein tolles Komplettangebot mit L'Tur (70 Prozent der Anteile gehören Tui). 5 Sterne-Hotel in Puerto de la Cruz mit Halbpension, Flug mit Tuifly und Rail-and-Fly-Tickets für unter 700 Euro. Was will man mehr.

Doch bereits der Hinflug gestaltete sich schwierig. Die Deutsche Bahn hatte ohne wirklich ersichtlichen Grund 1 Stunde Verspätung eingesammelt. aus 3:07 bis zum Abflug waren so 2:07 geworden. Dann Chaos am Bus von Terminal 1 zu 2. In den ersten sind wir nicht mitgekommen - wegen Überfüllung. Ein Mitarbeiter sagt, der nächste kommt in 20 (!) Minuten. Zum Glück, dauert es nicht ganz so lang. Aber voll wurde es erneut. Koffer rollen munter durch den Bus. Was ist eigentlich mit dem Skytrain los? 

lange Schlangen am Check In

10:00 erreichen wir den Check-in-Schalter von Tuifly in Terminal 2. Die Meute stapelt sich. 11:45 ist der geplante Abflug. Für drei Flugzeuge, die ausgebucht sind, stehen gerade mal zwei Mitarbeiterinnen am Check in zur Verfügung. Und es geht so gut wie gar nicht vorwärts. Es wird 10:30 ohne, dass wirklich etwas voran geht. Boarding ist bereits für 10:45 geplant. Ich sehe das Flugzeug schon ohne uns starten.

Dann dürfen plötzlich alle, die für Teneriffa gebucht sind, an einen extra Schalter. Wir haben das Glück, recht weit vorn in der Schlange zu stehen, und erreichen - auch wenn selbst mit zwei Leuten vor uns der Check-in gefühlt recht lange dauert - dann doch noch rechtzeitig die Sicherheitskontrolle. Hier geht es auch vergleichsweise langsam voran. Doch um 11:15 erreichen wir das Abflugsgate. 

Ein älterer Herr vor uns in der Schlange hat seinen Pass auf dem Weg vom Check in bis zum Abflugsgate verloren. Diskussionen folgen. Am Ende darf er anscheinend doch mit an Bord. Vielleicht hat er seinen Ausweis auch noch gefunden. 

Trotz des Chaos am Flughafen erreichen wir Teneriffa pünktlich - sogar etwas zu früh. Wir bekommen schnell unsere Koffer und steigen in einen modernen, klimatisierten Bus. Mit relativ wenig anderen Fluggästen. Zügig soll es losgehen. Doch dann bleibt der Bus stehen. Angeblich ist er kaputt. Wir werden in einen Minibus, der nicht ganz so komfortabel ist, umgesiedelt. Und erreichen eine gute Stunde später unser Hotel in Puerto de la Cruz.

Tuifly: Der Rückflug wird ungewiss

Nach einer Woche Traumwetter, Strand, tollen Ausflügen, Pool und viel Erholung sollte es für uns am Dienstag, 4. Oktober, um 16:45 zurück nach Frankfurt gehen. Doch bereits am Montag kündigten sich Turbulenzen bei Tuifly an. Erste Flüge sind ausgefallen oder haben sich massiv verspätet. Im Fernsehen erfahren wir, dass sich zahlreiche Mitarbeiter von Tuifly krank gemeldet haben. Trotzdem: Wir sind am Vorabend noch guter Hoffnung.

 

Doch am nächsten Morgen sehe ich beim Check der Flugzeit auf dem Handy, dass unser Flug von 16:45 auf 0:30 verschoben wurde. Das wäre für mich noch kein großes Problem geworden. Ich hatte mir den Folgetag noch frei genommen und mein Mann hatte ohnehin die gesamte Woche Urlaub. Ärgernis war aber, dass unser Transfer schon um 12:45 kommen sollte. Fast 12 (!) Stunden vor der neuen Abflugzeit. 

Keine Infos unter dieser Nummer

Ich versuchte mein Glück an der Rezeption: Wir hatten keine neuen Zeiten für den Transfer bekommen. Die Dame an der Rezeption war aber hilfsbereit und bot mir an, beim Veranstalter anzurufen, soweit ich eine Telefonnummer habe. Also ging ich zurück ins Hotelzimmer und durchsuchte die Unterlagen. Auf einem der Blätter fand ich dann tatsächlich eine Nummer, die die Dame von der Rezeption für mich wählte - Warteschleife. Drei Minuten klingelt es durch. Dann fliegen wir aus der Warteschleife raus. Wir versuchen es noch einmal. Wieder klingelt es durch. Als auch nach zehn Minuten keiner ran geht, legen wir auf. Im Hotelzimmer versuchen wir es noch mit einer deutschen Nummer aus dem Internet. Auch hier geht keiner ran. Auf meine Facebookanfrage bei L-Turs bekomme ich eine gute Heimreise gewünscht... super!

Fahrt ins ungewisse

Wir entscheiden uns dafür, regulär um 12 Uhr auszuchecken und auf den Bus zu warten. Der erreicht uns auch einigermaßen pünktlich. Es steigt eine Frau mit Halstuch aus. Ich freue mich und denke "Juhu eine Frau von Tui, die sagt uns jetzt bestimmt, wie es weiter geht". Aber es ist nur die Busfahrerin. Die weder Englisch noch Deutsch spricht und wohl auch nichts von Verspätungen weiß. Wir fahren eine Stunde durch Puerto de la Cruz und sammeln weitere Urlauber ein. Von denen hat noch kaum jemand von der Verspätung gehört. 

Zwei Stunden nach dem Abholtermin und zwei Stunden vor dem eigentlichen Flugstart erreichen wir den Flughafen  Süd von Teneriffa. Hier steigt dann tatsächlich eine Tui-Mitarbeiterin zu. Sie erklärt uns, dass unser Flug auf 0:30 verschoben wurde, wir die Koffer regulär aufgeben sollen und, dass wir Gutscheine in Höhe von 15 Euro pro Person für ein Mittagessen bekommen. 

Also machen wir uns auf zum Check-in-Schalter. Am regulären (zu ähnlichen Zeiten gibt es eine Maschine nach Düsseldorf und eine nach Stuttgart) bilden sich ähnliche Schlangen wie auch in Frankfurt. Wir erhalten zwei eigene Schalter. Gefühlt dauert es wieder ewig. Wir sind erneut recht weit vorn in der Schlange und brauchen länger als 30 Minuten, bis wir unsere Koffer aufgegeben und unsere Gutscheine erhalten haben. Hinter uns ist die Schlange mittlerweile riesig. Aber was solls, wir und alle anderen Passagiere von Tuifly 2143 nach Frankfurt, haben ja Zeit. 

Nichts genaues weiß  man nicht

Nach einem Mittagessen bei Burger King, bei dem wir den ersten unser beiden Gutscheine in Burger und Pommes umsetzen, schaue ich auf den Bildschirm des Flughafens mit den geplanten Starts. Unser Flug steht noch immer mit Startzeitpunkt 16:45 darauf. Ich werde etwas unruhig und gehe zurück zum Tui-Schalter. Hier läuft ein Band durch, auf dem noch immer 0:30 zu lesen ist. In der Nähe des Schalters treffe ich auf eine Mitarbeiterin von Thomas Cook. Ich frage sie, ob man mit einem Bus oder Taxi irgendwo hinfahren könne, um die Zeit totzuschlagen. Sie rät davon ab. Ich halte Ausschau nach Tui-Mitarbeitern. Der offizielle Schalter ist nicht besetzt. Also heißt es ersteinmal: weiter Zeit totschlagen. 

18:30: Ich mache mich nun doch noch einmal auf die Suche nach neuen Informationen. Den Tui-Bildschirm mit dem Info-Band gibt es nun nicht mehr. An den Fernsehern der Abflüge steht noch immer 16:45 (das ist nun 1:45 her). Ich schaue weiter. Und tatsächlich am Tui-Schalter sitzt ein Mann. Ich frage ihn auf deutsch ob es etwas Neues gibt. Er spricht kein Deutsch. Dafür aber sehr gutes Englisch. Er sagt, dass wir außerhalb des Sicherheitsbereiches bleiben können - das würde er auch empfehlen und wir sollen einmal pro Stunde (!) kommen und ihn oder seine Kollegen fragen, ob es Neuigkeiten gibt. Toll!!! 

Also heißt es weiter warten. Meine Schwägerin in Deutschland und ich durchforsten parallel das Internet auf der Suche nach neuen Infos. Die schlechte Nachricht finden wir leider auch: Neuer Abflugzeitpunkt: 3:30. Großes Kino. 

Es geht ins Hotel

Bei einer erneuten Runde durch den "riesigen" (Vorsicht Ironie) Flughafen treffen wir weitere Passagiere des Fluges. Die sagen uns, wir sollen zum Iberia-Schalter gehen. Dort würde es Neuigkeiten geben. Tatsächlich lassen sich kurze Zeit später zwei Mitarbeiterinnen von Tui sehen. Sie sagen, wir werden mit dem Bus in ein Hotel gebracht. Dort sollen wir ein Abendessen bekommen. Ob wir Zimmer bekommen, steht noch nicht fest. 

Nur für ein Abendessen mit zwei Bussen in ein Hotel gebracht zu werden, erscheint mir doch ein bisschen viel Aufwand. Aber was solls. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Die Fahrt geht recht schnell und führt uns in die Urlaubshochburg Playa de las Americas. Vor dem Hotel Palm Beach dürfen wir aussteigen. Und wieder heißt es: anstellen bitte. Erneut sind wir relativ weit vorne in der Schlange. Trotzdem dauert es auch nun wieder eine gefühlte Ewigkeit, bis wir drankommen. Und hinter uns ist die Schlange riesig. 

Zimmer für alle

Wir und alle Mitreisenden erhalten ein Zimmer. Die Dame an der Rezeption rät uns, schnell zum Abendessen zu gehen. Dieses gebe es nur bis 21:30. Mittlerweile ist schon kurz nach 20:30. Schnell bringen wir unsere paar Habseligkeiten ins Zimmer (unsere Koffer sind ja schon aufgegeben) und gehen zum Abendessen. Ein Alleinunterhalter spielt traurig vor sich hin. Das Buffet ist in Ordnung. Einige Mitreisende motzen trotzdem. Vergleichbar mit unserem vorangegangen Buffet ist es tatsächlich nicht, aber wir werden alle satt. Eine kleine Flasche Wasser erhalten wir darüber hinaus ebenfalls kostenfrei. 

Um 1:30 sollen wir mit dem Bus wieder abgeholt werden. Ich glaube noch nicht so richtig dran. 

 

Zum Füße vertreten, drehen wir noch eine kleine Runde durch Playa de Las Americas, bevor wir gegen 22:30 zurück auf unser Zimmer gehen. Wir stellen uns die Frage: lohnt es sich noch einmal zu schlafen? Mein Mann legt sich schlafen. Also versuche ich gegen 23:00 auch, kurz die Augen zuzumachen. Ich döse gerade weg, als unser Telefon klingelt. Ich gehe ran. Es antwortet ein Mann von der Rezeption und teil uns mit, dass der Transfer um 1:30 nicht stattfinden wird. Um 7:30 gebe es Frühstück und dann auch neue Informationen. 

Dann also doch schlafen... Ich versuche es zumindest. Doch das Bett ist für zwei Personen äußerst klein. Im Schlafzimmer ist es stickig. Die Klimaanlage funktioniert nicht und im gesamten Apartment riecht es penetrant nach Farbe. Ich habe ein Deja-vu zu unserem Hotel, das uns damals Condor organisiert hatte. Zumindest sieht alles ordentlich aus. Einige Mitreisende erzählen uns am nächsten Morgen von Schimmelflecken, Schmutz und Kakerlaken.

An wirklichen Schlaf ist nicht zu denken und so springe ich nochmal aus dem Bett und durchforste weiter das Internet (das sehr langsam) ist, auf der Suche nach neuen Infos. Auch meine Schwägerin in Deutschland sucht fleißig. Die traurige Info: Unser Flug soll nun am nächsten Tag um 17:20 gehen, also 18:20 deutscher Zeit. Plus fünfeinhalb Stunden Flug: mach 23:50. Aus Frankfurt kommen wir mit dem Zug dann nicht mehr wirklich weg. Großes Kino. Ich werde langsam sauer. Denn am Donnerstag muss ich wieder normal arbeiten... Ich versuche also noch einmal zu schlafen. Doch bis 6:30 döse ich höchstens kurz weg und stehe dann völlig übernächtigt auf, um mich fertig für das Frühstück zu machen. 

Pünktlich um 7:30 stehen wir mit vielen weiteren Mitreisenden beim Frühstück. Das ist noch gar nicht fertig. Und auch von Tui oder der Rezeption ist keiner da mit neuen Infos. Meine Schwägerin hat inzwischen eine Flugänderung gefunden. Nun soll es schon um 14:30 von Teneriffa nach Frankfurt gehen. Das wäre super. Denn dann würden wir um 20 Uhr landen und mit Glück noch einen vernünftigen Zug nach Hause erwischen. Ursprünglich wollten wir am Dienstagabend bei einer Freundin übernachten und am nächsten Tag zurück fahren, da ich aber am Donnerstag arbeiten muss, kommt das nun nicht in Frage. 

Um 8:30 gibt es immer noch keine offiziellen Informationen. Ich mache mich auf den Weg zur Rezeption. Dort sagt man mir, der Transfer kommt um 12 Uhr. Es bleibt also genügend Zeit für einen Ausflug in den Ort. Ich frage mich nur, warum wir schon um 7:30 zum Frühstück bestellt wurden... 

Als wir um 11:40 wieder in der Hotellobby stehen, ist tatsächlich eine Mitarbeiterin von Tui da. Die sagt uns, wir sollen nach der Ankunft am Flughafen durch die Kontrolle durch und uns am Iberia-Schalter melden. Dort würde es neue Gutscheine für ein Mittagessen geben. Dann fährt auch schon der erste Bus vor und wir steigen ein. 

Um 12:15 Uhr erreichen wir den Flughafen von Teneriffa. Mittlerweile soll der Flug um 15:30 starten. Wir machen uns gleich auf den Weg zur Sicherheitskontrolle. Finden dahinter aber beim besten Willen keinen Iberia-Schalter. Waren die Informationen der Reiseleiterin doch nicht richtig? Ein anderer Passagier weiß aber vom Vortag, dass es ein Stockwerk tiefer einen allgemeinen Informationsschalter gibt. Also machen wir uns auf den Weg dorthin. Die Frau die dahinter sitzt ist allein. Und sie hat noch keine Gutscheine. Mittlerweile ist es 12:30. Wir sind vor fast 24 Stunden aus unserem Hotel in Puerto de la Cruz abgeholt worden.

Mein Mann und ich haben noch einen Gutschein vom Vortag und kaufen uns Kaffee und ein Sandwich, dass wir uns teilen. Wir beobachten die immer größer werdende Traube vor dem Info-Schalter. Die Gutscheine sind immer noch nicht da. Am Fernseher mit den Abflugzeiten steht bei uns, dass um 14 Uhr die Nummer für das Gate für unseren Flug veröffentlicht werden soll. 

In der Zwischenzeit tun wir das, was wir ohnehin schon die meiste Zeit der vergangenen 24 Stunden getan haben - warten. Um 13:45 kommt etwas Unruhe in die Meute. Die Gutscheine sind da. Wir holen uns auch zwei und überlegen, was wir machen sollen. Für einen Restaurantbesuch ist es jetzt etwas spät. Zudem wollen wir uns für einen der Gutscheine noch Wasser und Proviant für den Flug und die Zugfahrt kaufen. Also investieren wir noch einmal in Fast Food. Und um 14 Uhr steht tatsächlich am Fernseher, dass wir uns zum Gate begeben sollen. Wir essen schnell auf. Besorgen uns Wasser und Sandwiches, gehen noch einmal auf Toilette und eilen dann zum Gate. Doch das Flugzeug ist noch gar nicht da.

Ein Mitreisender hat es aber landen sehen - allerdings ist es gar nicht von Tuifly sondern von irgendeiner Linie mit "Orange" im Namen. Ich google also und finde eine entsprechende Fluglinie in Florida. Die Seite sieht seriös aus und Amerika ist für hohe Sicherheitsstandards bekannt. Ich bin also beruhigt.

 

Bevor wir einsteigen können, müssen natürlich erstmal die ankommenden Passagiere aus dem Flugzeug raus. Dann kurz sauber machen.

 

Es ist schon nach 15:30 als wir einsteigen. Ich lege im Flugzeug beim warten, bis einer der Passagiere sein Gepäck verstaut hat, meine Hand auf einen freien Sitz. Der klappt sofort mit Karacho nach hinten. Na das fängt ja schonmal gut an. Ich schaue mir anschließend die Sitzreihen etwas genauer an. Die Sitzabstände sehen verdammt eng aus. Das kann ja super werden auf einem 5-1/2-Stunden Flug.

 

Endlich erreichen wir Reihe 25. Unsere Reihe. Ich zwänge mich auf meinen Sitz. Dazu muss ich sagen, ich bin ziemlich klein. 1, 58 Meter. Meine Beine sind sehr kurz. Und zum ersten Mal in meinem Leben stoße ich mit meinen Knien vorne am Sitz an. Meine Armlehne ist kaputt und nur mit Tape-Band fixiert. Zwei Passagiere müssen sich umsetzten, weil ihre Sitze komplett kaputt sind.

Ich schaue aus dem Fenster und entdecke zwischen den Fensterscheiben totes Ungeziefer. Wie ist das da rein gekommen? Ich möchte gar nicht drüber nachdenken, und hoffe, dass das Flugzeug von außen besser in Schuss ist.

 

Um 16 Uhr startet der Flug. Er ist verhältnismäßig ruhig. Wir bekommen zweimal kostenfreie Getränke (bei Tuifly normalerweise nur bei speziellen Tarifen vorgesehen) und eine aufgetaute, unbelegte Laugenstange. 

 

Um 21:28 landen wir. Endlich!

Mit Bussen werden wir von der Parkposition ins Terminal 2 gebracht. Um 22:07 haben wir sowohl unsere Koffer (endlich) wieder und ein Schreiben des Flughafens, dass uns die Verspätung bescheinigt.

Den letzten einigermaßen vernünftigen Zug nach Ulm erreichen wir so nicht mehr. Trotzdem machen wir uns mit den Koffern auf in Richtung Terminal 1, in dem der Bahnhof untergebracht ist. Wir erreichen den Skytrain. Doch der fährt nicht. Ein Hinweis darauf wäre nett gewesen. Aber Ok. Es gibt ja noch den Bustransfer. Also machen wir uns auf die Suche nach dem. Ein etwas komisch aussehender Typ folgt uns. Und schon als er mit seinem Gepäckwagen die Rolltreppe betritt, ahne ich, dass das nicht gut ausgehen wird. Und tatsächlich nur einen Augenblick später habe ich den Typen mit samt seinem Wagen im Rücken hängen. Zum Glück hatte ich das schon kommen sehen und konnte den Typen noch auffangen. Sonst wären wir wahrscheinlich die gesamte Rolltreppe runtergefallen.

Weiter geht es zum Bus. Doch der lässt sich nicht so leicht finden. Jemand, den man fragen kann auch nicht. Ich laufe wieder zurück zum Infoschalter und erhalte die gewünschte Auskunft. Im Bus treffen wir auf eine Mitreisende. Die erzählt, was wir schon geahnt hatten - nicht zuletzt, weil fast alle Beschriftungen an Bord auch in griechischer Sprache verfasst waren: Die Maschine gehört einem Griechen, der hat das alte Flugzeug von der Myanmar Airlines abgekauft. Ein wirklich gutes Gefühl hätte die Mitreisende nicht gehabt. Wir auch nicht. 

Im fast menschenleeren Frankfurter Flughafen schlagen wir noch die Zeit bis 0:00 tot, dann machen wir uns auf dem Weg zum Zug. Der fährt zwar pünktlich um 0:28, ist um diese Zeit aber eine Art Lumpensammler und braucht für eine Strecke von gut zwei Stunden nun fast doppelt so lang. Um 5 Uhr sind wir endlich zu hause und ich wirklich reif für den Urlaub. Doch schon kurze Zeit später muss ich wieder zur Arbeit. 

 

Aber immerhin: wie schon Matthias Claudius wusste: "Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen". 

Nachtrag

Einen Tag später lese ich im Internet, dass sich Tuifly vor Schadensersatzzahlungen drücken will. Die Airlines pocht auf höhere Gewalt. Die kann ich aber beim besten Willen nicht erkennen. Streik oder nicht Streik, das ist hier die Frage. Und die wird sich hoffentlich zu unseren Gunsten entscheiden. 

Update (23. Oktober 2016

Tuifly hat sich nun auf unsere eingeforderten Ausgleichsansprüche per Brief gemeldet. Er ist am Freitag bei uns angekommen. Demnach prüft Tui den Fall:

 

"Für die korrekte Bearbeitung stimmen wir uns mit den verantwortlichen Fachabteilungen ab ... Aufgrund der besonderen Umstände kann die Bearbeitung Ihres Anliegens bis zu 6 Wochen Zeit in Anspruch nehmen."

 

Ich halte dich auf dem Laufenden. 

Update II (3. November 2016)

Schneller als gedacht hat Tuifly nun auf unser Schreiben reagiert. Wie bereits in den Medien angekündigt, weist die Fluggesellschaft unsere Ansprüche zurück. 

 

"... Wenn sich massenhaft Crewmitglieder gleichzeitig und extrem kurzfristig krank melden, kann man den Flugbetrieb leider nicht aufrecht halten. Für eine solche unvorhersehbare Situation kann die Fluggesellschaft keine Vorsorge treffen. In einem solchen Fall, der in seinen Auswirkungen höherer Gewalt gleichkommt, war es trotz aller in dieser Situation zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen nicht möglich, sofortigen Ersatz zu bieten und Sie immer rechtzeitig mit aktuellen Informationen zu versorgen..."

 

Wir lassen uns davon aber nicht ins Bockshorn jagen und leiten weitere Schritte ein. Ich halte dich auch weiterhin auf dem Laufenden. 

Update III (19. November 2016)

Wir haben diese Woche nun den Fall an das Unternehmen Flightright gegeben. Meine Eltern haben mit ihm bereits gute Erfahrungen gemacht. Die Zusammenarbeit funktioniert einfach und schnell. Lediglich ein Formular ausfüllen, eine Vollmacht hinschicken und fertig. Im Erfolgsfall behält Flightright 25 Prozent der herausgeholten Summe plus 19 % Prozent Mehrwertsteuer. 

 

Je nachdem, ob eine Einigung direkt mit Tuifly erzielt wird, oder der Fall vor Gericht landet, dauert es einige Monate bis zu einem Jahr. Ich halte dich weiterhin auf dem Laufenden. 

Update IV (19. Februar 2017)

Die ersten Urteile im Hinblick auf die "Massenhaften Krankmeldungen bei Tuifly" im Herbst 2016 sind nun gefallen. Zwei Urteile sind zugunsten der Passagiere entschieden worden. Die anderen beiden wurden abgewiesen. Alle vier Urteile sind nicht rechtskräftig. Tui möchte laut einem Pressesprecher die Angelegenheit "höchstrichterlich" klären lassen. 

 

Unser Fall wird weiterhin von Flightright vertreten. Die Firma arbeitet gerade - laut eigenen Angaben aus einer aktuellen Mail - daran, den Fall schnellstmöglich bis zum Europäischen Gerichtshof zu bringen. Sie will erst bei Rechtssicherheit weitere Klageverfahren anzustoßen.

 

Ich halte dich weiterhin auf dem Laufenden. 

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Kommentare: 7
  • #1

    Sandra (Samstag, 08 Oktober 2016 16:16)

    Hallo liebe Jessica,
    naaa halleluja das hört sich ja nach einer anstrengenden Reise an. Ich hoffe so sehr, dass ihr eure Schadenersatzansprüche gelten machen könnt! Alles andere wäre wirklich nicht fair. Ich drücke euch die Daumen :)
    Liebe Grüße
    Sandra

  • #2

    Daniela (Samstag, 08 Oktober 2016 16:39)

    Das hört sich echt nach einem Horror Trip an. Die Urlaubserholung war bestimmt futsch.

    Ich hatte auch schon einmal eine Flugverspätung, aber deine Erlebnisse toppt das alle mal.

    Ich drücke dir die Daumen, dass du wenigstens deine Entschädigung schnell bekommst.

    LG Daniela

  • #3

    Jessi (Sonntag, 09 Oktober 2016 17:05)

    Liebe Sandra,

    danke fürs Daumendrücken. Ich halte dich auf dem Laufenden :-)

    Liebe Grüße

    Jessica

  • #4

    Jessi (Sonntag, 09 Oktober 2016 17:07)

    Hallo Daniela,

    das wichtigste ist, dass wir wieder heil heimgekommen sind. Aber in der Tat ist von der Entspannung am 4. Oktober am Morgen nichts mehr übrig. Aber die schönen Erlebnisse auf Teneriffa kann einem keiner nehmen.

    Wo bist du gestrandet?

    Danke fürs Dauemendrücken. Ich halte dich auf dem Laufenden :-)

    Liebe Grüße

    Jessica

  • #5

    Daniela (Sonntag, 09 Oktober 2016 17:56)

    Ich bin damals auf Mallorca mit AirBerlin gestrandet. Waren "nur" 7 Stunden, aber hat auch gereicht. ;-)

    LG Daniela

  • #6

    Nina (Sonntag, 23 Oktober 2016 19:00)

    Na das hört sich ja gar nicht schön an. Ich drück die Daumen, dass es wenigstens eine ansprechende Entschädigung gibt.

  • #7

    Jessi (Sonntag, 23 Oktober 2016 21:49)

    Danke, Nina!